Presseberichte

Eduard Dodell als Juror bei der 20. Prämierung von selbsterzeugten Bränden im Ostalbkreis

Schwäbische Post 10.03.2010:

Der Holunder ist unwiderstehlich

Ein Besuch bei der 20. Prämierung von selbsterzeugten Bränden im Landwirtschaftsamt in Gmünd

So ist es jedes Mal: Vorsichtig greift Eduard Dodell mit spitzen Fingern den zarten Stil des Glases. Gemächlich lässt er den Inhalt in dessen bauchiger Form kreisen, hält dann die tulpenförmige Öffnung unter die Nase, schließt die Augen und zieht den Duft langsam ein. „Holunder“, sagt er anerkennend und nickt. Führt das Glas an die Lippen, kippt den Inhalt zum Glasrand und benetzt die Zunge. Erneut schließt er die Augen, lässt die Flüssigkeit wirken – und ist auch damit ganz offensichtlich zufrieden.

Anke Schwörer-Haag

Ostalbkreis. Die Prämierung selbsterzeugter Brände ist an diesem Tag im Landratsamt auf dem Hardt. Und Eduard Dodell ist einer der acht Juroren, die sich Flasche für Flasche die 166 Schnäpse und Liköre auf der Zunge zergehen lassen. Eingereicht haben 22 Brenner aus der Region die hochprozentigen Früchte ihrer Arbeit.
Bei der Bewertung geht alles streng nach Vorschrift, erklärt Beate Kottmann als Delegierte des Obst- und Kleinbrennerverbandes: Tablett für Tablett serviert sie der Jury die geistreichen Flüssigkeiten, die im Nebenzimmer zuvor von Franz Emer und Andreas Olah eingeschenkt und anonymisiert wurden. Nummer und Alkoholgehalt ist alles, was die Qualitätsrichter vom jeweiligen Himbeergeist oder Schlehenlikör, Williams oder Zwetschgenwasser wissen, ehe sie für die Bewertung zum Glas greifen.
Eduard Dodell nimmt von diesem Holunderbrand nun doch noch ein Schlückchen, lässt die Flüssigkeit zwischen Zunge und Gaumen wirken, ehe er sie ausnahmsweise fast andächtig hinunterschluckt: „Bei einem Wettbewerb mit so vielen Proben macht man das nur ganz selten – zwei-, dreimal vielleicht“, erklärt er. In der Regel entsorgen die Richter den Probeschluck im hohen Bogen in einem kleinen Eimerchen, das links neben dem Stuhl steht.
Nur jenem edlen Holundergeist eben kann Eduard Dodell nicht widerstehen. Er nickt noch mal zufrieden und vergibt mit 20 die höchste Punktzahl. „Wenn 30 möglich gewesen wären, hätte der die von mir auch bekommen“, schwärmt er: „Der Geruch ist harmonisch, die Fruchtnote stimmt.“ Auch die Geschmackskriterien der Spitzenkategorie sind erfüllt: auserlesen, vollaromatisch, vollmundig und sehr harmonisch.
Das alles sicher zu bestimmen, ist keine einfache Aufgabe. „Selbst erfahrene Brenner müssen zusätzlich üben, ehe sie in die Jury berufen werden“, erklärt Dr. Klaus Hagmann, der in Hohenheim Gärungstechnologie studiert hat und unter anderem solche Sensorikschulungen anbietet. Am Anfang gehe es in den Seminaren nur darum, sicher die verschiedenen Grundgeschmacksarten (süß, sauer, bitter und salzig) auseinanderzuhalten, erklärt er. Darüber hinaus lernen die angehenden Richter, Obst- und andere Geruchsstoffe aus dem Schnaps oder Likör herauszuriechen. Und schließlich lernen sie aus unterschiedlichen Proben die Fehler zu erkennen, die beim Brennen gemacht wurden. Jeweils eine Woche vor einer Prämierung ist ein Wiederholungsseminar, um das sensorische Gedächtnis der Richter aufzufrischen und alle auf den gleichen Stand zu bringen.
Während Hagmann erzählt, ist die Richtergruppe am Tisch von Eduard Dodell bei den Likören angekommen, der Wettbewerb neigt sich dem Ende zu. Eher ins Mittelfeld stufen die Experten gerade einen Blutwurzbrand ein, dessen Farbe zwar ansprechend und dessen Duft typisch ist. Den Geschmack aber finden sie zu süß. 13 Punkte und Bronze, schreibt Eduard Dodell auf, als Beate Kottmann mit einem aufmunternden „das ist der Letzte“ nochmal vier Gläser mit bernsteinfarbener Flüssigkeit serviert. Auf dem Tablett liegt ein Infozettel. Darauf steht: Apfel-Limetten-Likör. 23,5 Prozent. „Noch so ein Exot“, schmunzelt Eduard Dodell, der an diesem Tag schon Walnuss-, Limonengras- und Honiglikör auf der Zunge hatte. „Fruchtig“, kommentiert er die Geruchsprobe. Setzt das Glas an und stutzt. „Der schmeckt ja wie mein Apfel-Limetten-Saft“, platzt gegenüber sein Jury-Kollege Dietmar Übele verdutzt heraus. Und hat die Lacher auf seiner Seite: Genau das, nämlich Apfelsaft, hat das Service-Team der Jury zum Spaß am Ende eingeschenkt. Es lebe die feine Zunge.

 Die Urkunden für die prämierten Brände werden in vier Wochen vergeben. Immerhin das wurde gestern schon verraten: 54 Prozent der Proben erhielten die Auszeichnung hervorragend (18 bis 20 Punkte); 32 Prozent bekamen sehr gut (14 bis 17 Punkte); 12 Prozent (10 bis 13 Punkte) schließen mit Gut ab

Brauerei-Gasthof Reichsadler / Hauptstraße 22 / 73563 Mögglingen